Die Narren des BTC hatten sich auf den OBund seinen Stadtrat eingeschossen - und natürlich auf den neuen Wunderbrunnen. Mit Kommentar.  Die ersten Hinweise auf das Thema der Faschingssession 2017 in der Garitzer Turnhalle gab's ja schon bei einem Blick in die Speisekarten auf den Tischen. Aber als unter den schon gewohnten Ah- und Oh-Rufen sich der Vorhang öffnete und den Blick frei gab auf das Bühnenbild, war klar: "Garitz statt Strand". Da wusste man, es würde vor allem um Wasser gehen. Und da gibt es durchaus Reizthemen. Bühnenbildner Axel Dürrheimer und sein Team hatten den Besucher zum Badegast gemacht, der sich unter südlicher Sonne im Liegestuhl fläzt und über seine badebelatschten Füße über den Garitzer See (mit Fontäne und Motorboot) hinüberschaut zur gegenüberliegenden Strandpromenade mit ihrer mediterran wirkenden Bebauung - da hieß es sogar ganz korrekt: "Kindergarten am Strand". Und Sitzungspräsident Christian Rüth machte gleich die Abgrenzung zu Bad Kissingen mit seinem Stadtstrand deutlich: "Malibu statt Balaton, Klotzen statt Kleckern." Kleine Probleme hatte er allerdings mit der Begrüßung. Natürlich waren die üblichen Verdächtigen wieder da zum Derblecken. Nur bei den Fraktionssprechern, neben dem Oberbürgermeister eigentlich die Hauptzielgruppe der Biertümpler, herrschte Mangel: "Die CSU hat keinen, die SPD hat vergessen, Karten zu bestellen", meinte Rüth. Immerhin hielt Alexander Koller (DBK) die Zunftfahne hoch.  Plötzliche Schrecksekunde Aber bevor es in die kommunalpolitischen Niederungen ging, war traditionsgemäß die politische Tour d'horizon. BTC-Vorsitzender Nico Sauer ist derzeit Mitarbeiter der europäischen Grenzschutzorganisation Frontex, der die Aufgabe hat, die flüchtenden Kissinger am westlichen und damit rettenden Marbachufer einzusammeln und sie auf der "Balkanroute" durch die Schönbornstraße vorbei am "Zagreb" hinauf ins sichere - und reiche - Garitz zu begleiten. Er ging auf die mehr oder weniger bösen politischen Überraschungen des vergangenen Jahres in Österreich und der Türkei, in den USA und Deutschland ein. Man konnte sich über seine Verwortungen durchaus amüsieren, aber in der Sache musste man ihm in seinen wenig optimistischen Beurteilungen recht geben. Nico Sauer war es auch, der für eine - hoffentlich nachwirkende - Schrecksekunde sorgte, als er mit dem Publikum spielte, indem er es Schlagworte und Rufe ergänzen ließ: "Hipp hipp - Hurra!", "Tümpel - Durscht!", "Sieg ...". Nicht jeder konnte bei "Heil" noch vor dem "l" bremsen. Ganz kurz war die Stimmung wie eingefroren. "Ich habe euch bewusst aufs Glatteis geführt. Ich wollte nur zeigen, wie schnell man Populisten auf den Leim gehen kann", meinte er zur Wirkung der AfD. Ansonsten spielte Garitz-Malibu dann doch nicht die zentrale Rolle - eher indirekt im Spott über die Kissinger Flächenverschandelung an der Ludwigsbrücke. Es war vor allem die von der Cote d'Azur im Garitzer Löschteich eingesetzte Nixe "Irene, die Sirene" (Steffi Wegmann), die das Ortsgeschehen aus der Froschperspektive und mit dem Wissen, das ihr der Sigi Kessler - "und der weiß alles" verraten hatte, kommentierte, aber auch in Bezug auf die Wasserqualität jeglichen Badewunsch im Keim erstickte.  Alle machten sich Gedanken Aber in den Vordergrund schob sich der Springbrunnen im Rosengarten, der in fast allen Beträgen zum Thema wurde. Natürlich bekamen der Oberbürgermeister und der Stadtrat ihr Fett ab, und zwar ganz gehörig, sahen sich den Vorwürfen von Fehlentscheidungen, aber auch Untätigkeit ausgesetzt. Aber Thomas Rüth jr. als "Bademeister aus Malibu" und Benedikt Rüth als "Springbrunnenaufdreher Rembremmerding" machten sich nicht nur über die enormen Anlaufschwierigkeiten der Installation lustig, sondern auch über die hilflosen offiziellen Vermarktungskonzepte. Auch die BTC-Sänger hatten ein hämisches Lied über die nicht anspringende Fontäne dabei. Und die Aktionsgruppe war keineswegs nur kritisch-destruktiv. Sie zeigte mit viel Phantasie und wunderschönen Kostümen, wie es unter Wasser zugehen könnte, wenn es denn endlich funktioniert. Das leichte Leben am und im Wasser hatten die drei Tanzgarden des BTC mit viel Witz und schmissigen Choreographien umgesetzt. Da zeigte sich wieder, dass sich die Garitzer keine Sorgen um den tänzerischen Nachwuchs machen müssen. Und dann, zum Schluss, wie immer, unter den triumphalen Klängen des Rotkreuzorchesters, der Auftritt von Michl Müller - nicht mehr als "Dreggsagg", sondern als "Rock'n'Rhöner". Er war als Schäfer mit seiner Herde gekommen und projizierte die politischen Rangeleien in Deutschland auf seine Tiere - nicht überraschend, dass das bestürzend amüsant funktionierte mit Schaf Angie und Hammel Horst und Joachim, der keinen Bock mehr auf Bundespräsident hat. Mit seinem Lied vom Rock'n'Rhöner und den anderen Kultliedern nahm er das Publikum mit in das Finale eines perfekten Abends. "Das war wieder mal ein schöner Tag."  Ein Kommentar unseres Mitarbeiters Thomas Ahnert:  Lauernde Heimtücke  Wenn ihr Garitzer Narren euch da mal nicht gründlich irrt! Natürlich ist es richtig, ganz im ursprünglichen Sinne des Karnevals den Finger in die Wunden zu legen und heftig darin zu rühren und den von euch beklagten politischen Stillstand in der Stadt zu manifestieren. Aber könnte es nicht auch sein, dass der OB und sein Stadtrat einen ganz glasklaren Kurs verfolgen nach dem Grundsatz: Wer nichts macht, macht nichts verkehrt? Das ist sicher nicht gut für die Stadt, aber vor allem schadet es dem BTC. Aushungernde Belagerung nannte man das im Mittelalter und in der frühen Neuzeit- die Kissinger haben da einschlägige Erfahrungen mit den Schweden im Dreißigjährigen Krieg gemacht. Denn was passiert, wenn der Spritzbrunnen im versteppten Rosengarten mangels Spritzer vergessen, der Fürstenhof eingestürzt, das Steigenberger-Gelände zu einem rollatorfreundlichen Park oder Parkplatz umgestaltet, der Berliner Platz mit einer wassergebundenen Sandschicht eingeebnet, der Garitzer Kreisel durchkreuzt, der Stadtstrand gepflastert ist und an den Eingängen zur Fußgängerzone Schilder stehen: "Betreten auf eigene Gefahr"? Dann steht ihr nackig da, dann gehen euch die Themen aus, weil einfach nichts mehr nachkommt. Dann müsst ihr eure Fehler selber machen, auch wenn's schwer fällt, wenn ihr euer gewohnt hohes Niveau halten wollt. Aber geht das? Der alteingesessene Garitzer kann doch alles außer Fehler. Die bitterböse Pointe ist allerdings eine andere: Dann haben der OB und sein Stadtrat ihr Ziel erreicht: Dann schauen sie spöttisch auf euch herab, auch wenn sie aus geographischen Gründen den Kopf dazu heben müssen. Aber vertraut dem Schicksal und den kommunalpolitischen Reflexen! Das Thema "Spritzbrunnen" ist bestimmt nicht die berühmte letzte gebratene Sau, die ihr über eure Dorfmauer werft.Wie schrieben schon unsere Großeltern in ihre Poesiealben: "Und wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Zuschuss her." Das ist der Moment, in dem ihr den Spieß wieder umdrehen könnt. Seid auf der Hut! Und Tümpel Durscht!

 

Saale-Zeitung vom 13.02.2017

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